Geschichte der Imaziren

#1 von rayhana , 02.02.2008 16:22

Die Geschichte der Masiren
(Teil 1: Von den Anfängen bis zur Ankunft der Araber)
Taziri 1/97, S. 27-34

Woher die Masiren stammen, wird noch immer kontrovers diskutiert. Stammen sie aus dem Osten? Kamen sie aus dem Norden – über die Iberische Halbinsel oder über den Apennin? Stammen sie vielleicht aus den Tiefen der Sahara? Oder brachen sie einst aus dem Hohen Norden Europas nach Nordafrika auf? Ist es schließlich nicht möglich, daß die Masiren schon immer da waren, wo sie jetzt sind?
Dafür, daß die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen muß, spricht, daß die Masiren bereits äußerlich kein einheitliches Bild abgeben. Es gibt schwarzhäutige Masiren, blonde Masiren mit blauen Augen, Masiren südeuropäischen Typs, Masiren mit indianischen Gesichtszügen und Masiren, die von allem etwas haben.
Auch kann von e i n e r masirischen Kultur nicht die Rede sein. Die Vielfalt der Sitten und Gebräuche ist verwirrend. Die Masiren müssen also einem diffusen Völkergemisch entsprungen sein. Was sie heute verbindet, ist im wesentlichen eine gemeinsame Sprache. Wer von d e n Masiren spricht, muß demnach primär eine Sprachgemeinschaft vor Augen haben, die sich im Westen von den Ufern des Atlantiks bis an die ägyptische Oase Siwa im Osten erstreckt und von der Mittelmeerküste im Norden bis an den Rand der Sahelzone im Süden reicht. Welche ethnischen und rassischen Elemente die Masiren im Laufe der Jahrhunderte in sich aufgenommen haben, soll jedoch nicht Gegenstand eines geschichtlichen Abrisses sein. Dieser Frage wird Taziri einen speziellen Artikel widmen. Hier soll vielmehr diejenige Geschichte interessieren, über die es zuverlässige und ergiebige Quellen gibt.

1. Die Masiren und die Alten Ägypter
2. Die Masiren und die Alten Griechen
3. Die Masiren und die Punier
4. Der Masirenkönig Massinissa
5. Der Masirenkönig Jughurtha
6. Der Masirenkönig Juba I.
7. Der Masirenkönig Juba II.
8. Die Masiren und die Alten Römer
9. Der Rebellenführer Takfarinas
10. Masiren führen das Römische Reich
11. Die Masiren und die Alten Germanen

Die Masiren und die Alten Ägypter
Die frühesten Zeugnisse über die Masiren stammen von den Alten Ägyptern. Die östlichste Fraktion der Masiren waren ihre unmittelbaren Nachbarn. Sie wurden von den Ägyptern “Libyer” genannt. Als die Austrocknung der Sahara stetig voranschritt, verließen zahlreiche Libyer um 2300 v. Chr., von Südwesten kommend, ihre angestammte Heimat und ließen sich im westlichen Nildelta und in der Seelandschaft Fayyum nieder. Sie waren auf der Suche nach fruchtbaren Böden fündig geworden. Von Hunger getrieben rannten um 1210 v. Chr. weitere libysche Stämme gegen die Grenzen des Alten Ägyptens an und wurden unter dem Pharao Merenptah abgewehrt. Die Verbündeten der Libyer waren sogenannte “Seevölker”. Diese Völker waren mehrheitlich indogermanische Stämme von den Küsten Italiens, Griechenlands und Kleinasiens. Die Einzelheiten von Merenpthas Sieg sind in einer Inschrift im Tempel von Karnak festgehalten.
Zu Zeiten des Pharao Ramses III. (ungefähr 1182-1151 v. Chr.) schlossen sich den Libyern andere masirische Stämme an. Etwa zur gleichen Zeit waren von Norden her wieder die Seevölker eingefallen. Ramses III. machte diesem altertümlichen Zwei-Fronten-Krieg erfolgreich ein Ende. Er ließ unter seinen Gegnern ein gewaltiges Blutbad anrichten; er nahm ihre Frauen und Kinder “zu Zehntausenden” gefangen und beschlagnahmte ihr Vieh “zu Hunderttausenden”. Masiren, die mit ihrem Leben davonkamen, wurde auf die Haut der Name des Königs eingebrannt und wurden so zu seinen Sklaven. Inschriften im Palast von Medinet Habu erzählen von diesen Kämpfen. Damit waren die Libyer endgültig bezwungen worden. Masiren fanden jedoch weiterhin Aufnahme im Reich der Alten Ägypter. Viele von ihnen dienten im ägyptischen Heer.
Etwa 945 v. Chr. bestieg ein Masire namens Scheschonq den ägyptischen Thron und begründet die 22. Dynastie. Bis 724 v. Chr. sollten Dynastien libyscher Söldnerführer insgesamt neun Könige Ägyptens stellen. Sie hießen meist Scheschonq, Osorkon oder Takelothis und erscheinen total als Ägypter; sie unterscheiden sich in nichts von den angestammten Pharaonen. Mit der Übernahme der Macht durch libysche Söldnerführer zerfiel das Reich und löste sich schließlich auf. Nacheinander wurde Ägypten dann von den Äthiopiern und Assyrern erobert. 664 v. Chr. befreite der libysche Fürst Psammetich I. das Land, führte es wieder zusammen und brachte es zur Blüte.
Auf ägyptischen Abbildungen treten uns “Fürsten der Libyer” entgegen, die sich somatisch überhaupt nicht von den Alten Ägyptern unterscheiden. Ein äußerlicher Unterschied bestand lediglich in der Tracht, die gegenüber der ägyptischen archaischen Züge trägt: die “Fürsten” trugen einen Bart, während die Ägypter rasiert waren. Anders als die Ägypter hatten die Libyer eine Stirnlocke und schmückten sich mit Federn im Haar. Die Erwachsenen trugen einen Gürtel, an den sie einen Tierschwanz befestigten, und ein Penis-Futteral. Bemerkenswert ist, daß auch die Frauen Nachahmungen dieser Futterale trugen, was eine heutige Parallele bei manchen südsudanesischen Stämmen hat; und ein Relikt jener fernen Zeit scheint es ebenfalls zu sein, daß im modernen Algerien der Jüngling erst durch das Anlegen des Gürtels zum erwachsenen Mann wird.

Die Masiren und die Alten Griechen
Die Alten Griechen begannen im 7. vorchristlichen Jahrhundert die Küste der Kyrenaika (der Osten des modernen Libyen) zu kolonialisieren. 332 v. Chr. eroberte Alexander der Große Ägypten und drang bis zur Oase Siwa in Westen vor, dem Kultstätte des Zeus Ammon. Dort wurde Alexander von den Priestern als “Sohn des Zeus” empfangen. Heute ist diese Oase eine berbersprachige Insel inmitten des arabischen Ägyptens.
303 v. Chr. erhielt ein Erbe Alexanders namens Ptolemaios die Herrschaft über das Land samt der Kyrenaika. Unter ihm und seinen Nachfolgern stieg das Alte Ägypten zum reichsten Land der damaligen Zeit auf.


Die Masiren und die Punier
Nachhaltiger auf die Masiren wirkte sich die Präsenz der Punier (oder “Phönizier”) aus, die schon vor den Griechen das Mittelmeer beherrschten. Sie kamen dorthin, wo die Masse der Masiren lebte, nämlich in das fruchtbare westliche Nordafrika.
Die Punier waren tüchtige Krieger, Seefahrer und Kaufleute aus der Levante (heute Libanon, Syrien, Israel). Seit dem 12. Jahrhundert v. Chr. errichteten sie zahlreiche Stützpunkte an der nordwestafrikanischen Küste. Ihr Einfluß reichte von Tripolitanien bis jenseits der Straße von Gibraltar. Der bedeutendste Handelsplatz wurde Karthago nahe des heutigen Tunis. Es wurde 814 v. Chr. gegründet.
Den Reichtum der Karthager mußten allerdings Sklavenheere erwirtschaften, die sich aus den Reihen unterjochter Berbervölker rekrutierten. Die Masiren, die sich dem Einfluß der Punier entziehen wollten, hatten sich in das Hinterland zurückgezogen. Von Mal zu Mal überfielen sie die punischen Küstenstädte und kehrten, mit reicher Beute beladen, in das unwegsame Gebirge und in die Sahara zurück.
Die Macht der Punier gründete sich vorrangig auf einen weitreichenden Handel. Dadurch gelangten allmählich punische Kulturtechniken und Handelsgüter wie Gold und Elfenbein in das Hinterland. Die Masiren kannten bereits den Gerste- und Weizenanbau und hielten Rinder, Schafe und Ziegen. Als punisches Erbe kamen der Anbau von Granatapfel, Mandel, Olive, Feige und Walnuß hinzu. Im Zusammenhang damit wurden “moderne” Veredelungs- und Bewässerungstechniken eingeführt. In den heutigen Berbersprachen lassen sich zahlreiche punische Lehnwörter für jene eingeführten Kulturgüter nachzuweisen. Das numidische Alphabet (“Tifinar”, masirisch und bedeutet “die Punische”), das noch heute bei den Tuareg und zunehmend auch bei den übrigen Masiren gebräuchlich ist, wurde dem punischen Alphabet nachgebildet.
Die schärfste Rivalin Karthagos um die Macht im Mittelmeer war das aufstrebende Rom. Es war eine Frage der Zeit, bis die Kontrahenten aufeinanderprallten. Der punische Kriegszug wurde wesentlich erschwert, als in der Hauptstadt Karthago Sklavenaufstände losbrachen. Die Gelegenheit schien den freien Berberstämmen außerhalb der Stadt günstig. Sie überwanden die Befestigungen und drangen in die Stadt ein. Die Karthager mußten starke Truppenteile aus ihren umkämpften Kolonien abziehen, um dieser Bedrohung Herr zu werden. Sie benötigten Jahre dazu. Indes konnten die Römer fast ungehindert wichtige punische Kolonien im Mittelmeer erobern.


Der Masirenkönig Massinissa
Im Jahre 218 v. Chr. überschritt der punische Feldherr Hannibal mit einem imposanten Heer die Pyrenäen und schließlich die Alpen, um dem Römischen Reich von Norden her den Garaus zu machen. In seinem Troß marschierten etliche Krieger aus dem Rif, dem Atlas und der Sahara. Hannibal gelang es beinahe, die Römer zu besiegen. Doch die Römer behielten die Oberhand. Sie konnten es dem Masirenkönig Massinissa verdanken.
Er regierte den Stamm der Missäsylen im Raum der heutigen Städte Sétif, Algier und Oran. Dieses und das umliegende Gebiet hatten die Griechen “Numidien ” genannt. Massinissa hatte in seiner Jugend in der punischen Armee gedient. Er war beeindruckt von den Leistungen der punischen Zivilisation und begann, sie eifrig nachzuahmen. Nach dem Vorbild der punischen Schrift erfand er die “Tifinar”. Er richtete eine geordnete Verwaltung ein, baute eine Flotte und schuf ein stehendes Heer von 50.000 (!) Mann. Er legte Siedlungen nach punischem Stil an und hielt die Nomaden zum Ackerbau an. Um zu verhindern, daß sich die eben seßhaft gewordenen Nomaden wieder verliefen, siedelte er sie nicht auf einzelnen Gehöften an, sondern in befestigten Burgen. Auf diese Weise wurden sie gleich zwangsweise verstädtert.
Massinissa träumte von der Eroberung der Hauptstadt seiner Lehrmeister. 204 v. Chr. schien die Zeit reif, seinen Traum wahrzumachen. Als er davon erfuhr, daß sich Hannibals Kriegsglück dem Ende zuneigte, wandte er sich von den Karthagern ab und wechselte in das Lager der Römer. Die Massylier, die östlichen Nachbarn des Reichs von Massinissa im Raum von Cirta (heute Constantine) und Sugga, hielten dagegen unter ihrem Führer Syphax an ihrem Bündnis mit Karthago fest.
Als die römische Seeflotte in Nordafrika landete, setzte Massinissa sein Heer gegen die Punier in Marsch. 202 v. Chr. in der Entscheidungsschlacht von Zama südwestlich von Karthago sahen sich die bedrängten Punier von Masiren mit Wurflanzen auf schnellen wendigen Pferden umzingelt, Seite an Seite mit schwer gepanzerten römischen Legionären. Die Punier wurden geschlagen. In den darauffolgenden Friedensverhandlungen mußten sie einen Teil ihres an Massinissa abtreten. Das Reich des Syphax wurde ihm ebenfalls zugeschlagen.
Karthago hatte ein halbes Jahrhundert benötigt, um sich wieder zu erholen. Die Angst vor einem neuen Aufstieg veranlaßte die Römer, im Jahre 149 v. Chr. zu Dritten Punischen Krieg aufzurufen. Den Vorwand für diesen Krieg hatte Massinissa geliefert. Er hatte die Punier mit militärischen Übergriffen so lange provoziert, bis sie zurückschlugen und den mit ihm verbündeten Römern auf diesem Weg einen Grund lieferten, einzugreifen. 146 v. Chr. legten die Römer Karthago in Schutt und Asche. Seitdem hat sich die Stadt niemals mehr aufgerichtet. Heute liegen ihre Ruinen als eindrucksvolle Zeugnisse ihrer einstigen Größe auf den Steilufern vor den Toren von Tunis.
148 v. Chr. starb Massinissa. In Thugga (das heutige Dougga in Tunesien) wurde ihm ein Mausoleum errichtet, das eine Inschrift in numidisch und punisch enthält. Es ist die älteste datierte Schrift in numidischen Lettern.
Durch seinen Tod war Massinissa eine bittere Enttäuschung erspart geblieben. Die Römer hatte nämlich nicht vor, ihm seinen heißen Wunsch zu erfüllen und ihm die Kontrolle über Karthago zu überlassen. Die Römer wollten sich selber in Nordafrika festsetzen. Aus Karthago und dessen Hinterland schufen sie die römische Provinz “Africa”. Später sollte der gesamte Kontinent nach dieser Provinz benannt werden.
Das Numiderreich, das im Westen bis an den Fluß Mulucha (arab. “Oued Moulouya”) angrenzte, blieb vor der römischen Besatzung zunächst verschont. Um die Thronfolge Massinissas war aber ein Streit entbrannt. Um die Numidier zu schwächen, nutzten die Römer die Auseinandersetzungen und teilten die Staatsgewalt unter drei der 44 Söhne Massinissas auf; denn Numidien unter einer zentralen Herrschergestalt erschien den Römern als zu gefährlich. Micipsa übernahm die Verwaltung und wurde somit König. Wie sein Vater pflegte er die Freundschaft mit Rom. Gulassa wurde Heerführer, und Mastanabal bekleidete das höchste Richteramt. Nach dem frühen Tod seiner Brüder konnte Micipsa jedoch bald die Herrschaft auf sich vereinigen.


Der Masirenkönig Jughurtha
Als nach dem Tode Micipsas 118 v. Chr. Thronstreitigkeiten zwischen seinen beiden Söhnen deren Vetter Jughurtha, einem Enkel Massinissas, entstanden, intervenierte Rom und befahl die Teilung des Reiches. Jughurtha war wie sein Großvater ehrgeizig und hegte den Traum von einem vereinigten numidischen Großreich. Es kam zu Kämpfen zwischen Jughurtha und seinen Mitkönigen, in deren Verlauf Hiempsal und Adherbal den Tod fanden.
Da bei den Einnahme Cirtas viele Italiker getötet wurden, griff Rom ein. Der “Jughurtinische Krieg” (bis 105 v. Chr.) brach los. Dessen Verlauf hat Sallust ausführlich beschrieben.
Jughurtha unterlag und floh zu seinem Vater Bocchus, dem König von Mauretanien (das heutige Marokko und die Gegend um Oran). Der mit Rom befreundete Bocchus verriet ihn jedoch und lieferte ihn an die Römer aus. Jughurtha wurde in Rom gehenkt.
Obwohl die Römer sich wieder durchgesetzt hatten, ließen sie davon ab, das Land zu annektieren. Statt dessen machten sie es tributpflichtig und teilten es in drei von Rom abhängige Fürstentümer auf. Als Lohn für die Auslieferung Jughurthas erhielt Bocchus den westlichen Teil Numidiens, während Gauda, ein weiterer Vetter Massinissas, den östlichen Teil bekam. Das mittlere Drittel fiel als Pufferstaat an Mastanesosus.
Bocchus Nachfolger setzten die Freundschaftspolitik mit Rom fort. Mauretanien wurde zwischen den beiden Enkeln von Bocchus aufgeteilt: Bogdud II. erhielt den Westen (Marokko) und Bocchus II. den Osten (Algerien).

Der Masirenkönig Juba I.
Numidien wollte aber nicht zur Ruhe kommen. Der Enkel Jughurthas, König Juba I. von Numidien, ertrug es nicht, seines Amtes im Schatten Roms zu walten. 48 v. Chr. begehrte er auf. Die Zeit schien günstig. Die Mächtigen Roms führten einen blutigen Bürgerkrieg. Cäsar und Pompejus stritten um die alleinige Herrschaft im Römischen Reich. Juba I. setzte auf Pompejus und ging mit ihm ein Bündnis ein. Doch Juba I. hatte auf den Falschen gesetzt. Es war Cäsar, der am Ende triumphierte. 46 v. Chr. in der Schlacht von Thasos auf nordafrikanischem Boden brachte er mit tatkräftiger Hilfe von Bocchus II. und Bogud II. den alliierten Truppen von Juba und Pompejus eine vernichtende Niederlage bei. Juba I. konnte fliehen. Um nicht dem rachsüchtigen Cäsar in die Hände zu fallen, beging er später Selbstmord.

Der Masirenkönig Juba II.
Der Nachfolger Cäsars war Augustus. Dieser übergab Juba II., dem Sohn Jubas I., die Verwaltung über Numidien. Seine Regentschaft von Roms Gnaden sollte schon nach vier Jahren zu Ende gehen. Nun wurde auch der Name “Numidien” von der von der Landkarte getilgt. Das Land wurde 48 v. Chr. römische Kolonie und hieß fortan “Africa”.
Von Kaiser Augustus erhielt Bocchus II. das Reich seines Bruders Bogud II. Mauretanien war auf diesem Wege wiedervereinigt worden. Als Bocchus II. 33 v. Chr. kinderlos starb, ließ Augustus das mauretanische Reich durch eine Präfekten verwalten.
Unter Juba II. stellte Augustus 25 v. Chr. das Königtum Mauretanien wieder her. Dort erhielt er die gleiche Erziehung wie junge adlige Römer. Augustus gab ihm Cleopatra Selene, der Tochter von Antonius und Kleopatra, zur Frau.
Während der Herrschaft Jubas II. blühten seine Hauptstädte Caesarea Iol (Cherchell) und Volubilis (nahe des heutigen Zerhoun in Marokko) auf. Mauretanien wurde ein reicher und mächtiger Staat. Juba II. sammelte Manuskripte für seine Bibliothek. Er beschäftigte sich mit Geographie und Naturgeschichte und entsandte eine Forschungsexpedition nach den Kanarischen Inseln, das ehedem von einem masirischen Volk, den Guanchen , bewohnt war. Über seine Forschungen verfaßte er ein Werk in griechischer Sprache, auf das später berühmte antike Wissenschaftler zurückgriffen.
Nach dem Tode Jubas II. 23 n. Chr. bestieg dessen Sohn Ptolemaios den Thron. Der römische Kaiser Caligula hatte Juba II. bei einem Besuch in Lyon umbringen lassen, um sich seines Reiches zu bemächtigen.
42 n. Chr. nach einer Erhebung der Mauren wurde Mauretanien römisch. 46 n. Chr. teilte Kaiser Claudius das Gebiet in zwei kaiserliche Provinzen auf: im Osten Mauretania Caesariensis (Hauptstadt war das heutige Cherchell) und im Westen jenseits des Mulucha Mauretania Tingitana (Hauptstadt war das heutige Tanger). Später schob sich zwischen dem einstigen Numidien und Mauretania Caesariensis noch die Provinz Mauretania Sitifensis (Hauptstadt war das heutige Sétif). Die Kyrenaika war bereits 74 v. Chr. dem Römischen Reich einverleibt worden. zurück
(vgl. Stammbaum der masirischen Herrscher)

Die Masiren und die Alten Römer
Rom hatte nun die Küste Nordafrikas endgültig unter ihre Kontrolle gebracht. Die ungefähre Ausdehnung der afrikanischen Kolonien kann durch noch vorhandene Reste der Grenzbefestigung festgestellt werden. Im Zuge der römischen Durchdringung, die bis in das 7. Jahrhundert andauern sollte, wuchsen Städte, von deren einstiger Pracht noch heute eindrucksvolle Ruinen künden: Leptis Magna in Libyen, in Tunesien das Kolloseum von El Djem, die Bauten von Thuburbo Majus und Dougga, in Algerien Hippo Regius, Tebessa, Timgad und Djemila, in Marokko Volubilis.
Die Römer bauten Straßen, kultivierten die fruchtbare Küstenebene und führten ein Transportmittel ein, das bis dahin in Nordwestafrika unbekannt war und das heute dort zum alltäglichen Bild gehört: das Kamel.
Rom kolonisierte die nordafrikanischen Kolonien mit einer dünnen Schicht von hohen Beamten, Großkaufleuten und Großgrundbesitzern, die in beträchtlichem Wohlstand lebten. Die einheimischen Bauern dagegen verarmten unter der Last der Latifundien und sanken schließlich zum rebellischen Landproletariat ab.
Zum militärischen Schutz und als Polizei stand eine Armee von 5.000 römischen Legionären und 20.000 masirischen Hilfssoldaten zur Verfügung. Die Legionäre dienten 20 Jahre lang in der Armee und siedelten sich danach mit ihren Familien im Umkreis der Truppenplätze an. So entstanden zahlreiche Veteranenkolonien, v. a. in M’Daourouch, Sétif und Djemila. In Notfällen wurden sie bei der Verteidigung der römischen Grenze in Nordafrika eingesetzt.
Die unterworfenen Masiren, soweit sie seßhaft waren und sich nicht in die Tiefen des Kontinents dem Machtanspruch Roms entzogen hatten, konnten nicht umhin, lateinische Lebensart und Sprache anzunehmen, um sich in den Städten zurechtzufinden. Nach und nach setzte sich das römische Erziehungswesen durch. Unterrichtet wurde nach römischen und griechischen Methoden. Cirta und Tebessa waren die berühmtesten lateinischen Schulen. Verbreitet war das Studium von Rhetorik und Poesie, da hier die Masiren Gelegenheit fanden, ihr fabulierlustiges Gemüt auszuleben.
Die einheimische Bevölkerung wurde in deutlich getrennte Klassen geschieden. Auf der niedrigsten Stufe stand die Landbevölkerung. Sie hatte praktisch keinen Zugang zur römischen Zivilisation und verriet sich dadurch, daß sie Tamazight sprachen. Die nächsthöhere Stufe wurde von den lateinisch Sprechenden besetzt. Sie genossen zivile, aber keine politischen Rechte. Damit blieben sie vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Auf der höchsten Stufe standen diejenigen, die durch die Gunst der Statthalter oder Kaiser mit staatlichen Ämter betraut waren.
Der soziale Aufstieg der Städte hing von den Diensten ab, die sie dem Römischen Reich leisteten. Diese Politik führte zu einem Wetteifer der Masiren, sich mit möglichst auffälligen Leistungen einen angesehenen Namen zu machen. Diese wohlhabenden und einflußreichen Masiren, die den Lebensstil ihrer Kolonialherren besonders eifrig nachahmten und nur Lateinisch sprechen wollten, schämten sich ihrer Abstammung – ein Anzeichen für den drohenden Zerfall einer bodenständigen Kultur!
Masirische Reiter wurden gerne beim römischen Heer angeworben. Sie galten als extrem ausdauernd und tollkühn. Überall dort, wo ein Gegner Roms den härtesten Widerstand leistete, wurden sie eingesetzt. An Donau, Rhein und Euphrat gelangten die “maurischen” oder “afrikanischen” Soldaten zu Ruhm und Ehren.
Im Laufe des 1. Jahrhunderts nahm die städtische Bevölkerung Nordafrikas das Christentum an. Die Kirchensprache war lateinisch. Auf diesen Umstand wird es zurückzuführen sein, daß das Christentum in den Sitten und Gebräuchen der freien und einfachen Masiren außerhalb der Städte so wenig Spuren hinterlassen hat
Die Überlegenheit der römischen Kultur war erdrückend. Noch heute benutzen viele Masiren den Julianischen Kalender und lateinische Monatsnamen für ihr landwirtschaftliches Jahr. Tamazight enthält manch eine entlehnte lateinische Vokabel. Der Eindruck, den die Römer in ihren afrikanischen Provinzen hinterließen, hat sich bei den Masiren so tief eingegraben, daß sie noch heute die Europäer gemeinhin als Irumiyen “Römer” bezeichnen.
Allerdings beschränkte sich der politisch-militärische Einfluß Roms auf die küstennahen Gebiete zwischen Tingis und Ad Abilem, Sala und Volubilis. Es war ein Gebiet der fruchtbaren Ebenen. Die Unabhängigkeit der Völker des Atlas, des Rif und der Sahara war hingegen nie ernsthaft gefährdet. Zu Zeiten des römischen Kaisers Marc Aurel hatten die Rif-Bewohner den Dauerkrieg sogar auf die Iberische Halbinsel hinübergetragen.
In der Mitte des 3. Jahrhunderts begann der Niedergang des Römischen Reichs. In den Jahren 242 bis 262 erschütterten Erhebungen in der Kabylei und im Aurès (Algerien) die römische Herrschaft in Nordafrika. Die Verkehrsverbindungen zwischen Tingitana und dem übrigen römischen Afrika waren schwierig geworden, denn die von Karthago ausgehende Militärstraße endete im Westen bei Caesarea. Weiterreisende mußten den Seeweg wählen und stießen erst bei Tingis oder Ad Abilem auf eine sichere Straße. Ende des 3. Jahrhunderts umfaßte Tingitana nur noch ein winziges Gebiet um Tanger. Die wichtigsten Siedlungskolonien waren auf das Küstengebiet gegenüber von Gibraltar begrenzt.
Der Rebellenführer Takfarinas
Die jahrhundertelange Vorherrschaft Roms über Nordafrika war von Anfang an nicht unangefochten. In den Jahren 17 bis 24 scharte der Masire Takfarinas, ein desertierter römischer Soldat, eine Armee um sich und erhob sich gegen die Fremdherrschaft. Der Sohn Jubas II., Ptolemaios, half den Römern, den Aufstand niederzuschlagen. Doch Takfarinas hatte es immerhin verstanden, die Truppen den Weltmacht sieben Jahre lang von Tripolitanien bis Marokko in Schach zu halten.
Masiren führen das Römische Reich
193 gelang es dem Masiren Septimus Severus, den römischen Kaiserthron zu erklimmen. Er stammt aus den Reihen masirischer Soldaten. Septimus Severus, der wegen seines starken masirischen Akzents heimlich verspottet wurde, war nicht nur ein eiserner Krieger, sondern reformierte das römische Rechts- und Verkehrswesen und trieb überall im Reich den Städtebau erfolgreich voran.
Dessen Sohn und Nachfolger Caracalla war wie sein Vater dafür bekannt, daß er sich am Hofe ausschließlich mit Landsleuten umgab. Sie vertrauten sonst niemandem und verachteten die Prunk- und Privilegiensucht des römischen Adels. Allerdings war niemand von ihnen selbstbewußt genug, in der Öffentlichkeit als Masire aufzutreten.
Caracalla starb 217 durch die Hand eines gedungenen Mörders. Der Auftraggeber war ebenfalls ein “Mauri” und hieß Macrinus. Dieser ließ sich daraufhin zum römischen Kaiser ausrufen. Seine Amtszeit währte nur kurze Zeit, nachdem auch er gemeuchelt wurde. Mit ihm verschwanden die Masiren wieder aus dem Zentrum der römischen Macht.
Ein Zeitgenosse von Septimus Severus war der berühmte Masire Tertullian, einer der bedeutendsten Schriftsteller und Theologen seiner Zeit.
Im Jahre 360 kam Tagaste (heute Algerien) ein Masire zur Welt, der sich tief in das Bewußtsein der Nachwelt einprägen sollte: der “Kirchenvater” Augustinus. Seine philosophischen Schriften erregten bereits zu seinen Lebzeiten ungeheures Aufsehen.
Die Masiren und die Alten Germanen
Als Augustinus 430 starb, stand das Imperium Romanum kurz vor seinem Zusammenbruch. Germanische Horden plünderten die Hauptstadt. Der wüste Germanenstamm schickte sich an, mit 80.000 Mann von Gadira (Cadiz) aus nach Nordafrika überzusetzen. Sie waren in ihrer Urheimat zwischen Warthe und Oder (heute Polen) dem Druck der Hunnen ausgewichen und hatten 406 den Rhein überschritten. Sie hatten Gallien durchquert und waren 409 in Spanien eingefallen. Dort gerieten sie unter den Druck der Westgoten und zogen südwärts. Seitdem heißt der Süden Spaniens “Andalusien” (von ursprünglich “Vandalusien”). Im Mai 429 landeten sie in Nordafrika an einem Ort unweit des heutigen Algier. Sie vernichteten die Römer und zogen brandschatzend Richtung Westen durch die blühenden Landschaften der nordafrikanischen Küste.
439 gründeten die Vandalen unter ihrem Führer Geiserich ein germanisches Reich mit Karthago als Residenz, in dessen Umkreis sie sich niederließen.
455 eroberten die Vandalen von Nordafrika aus Sardinien, Korsika und Sizilien und plünderten Rom. Doch nach dem Tode Geiserichs 477 gerieten die Vandalen zunehmend in Schwierigkeiten. Die katholische Bevölkerung in den Städten war den arianischen Vandalen von Anfang an feindlich gesonnen. Als eine Hungersnot über das Land hereinbrach, erhob sich die Bevölkerung endlich. Zur gleichen Zeit führten Masiren aus dem Aurès vernichtende Kriegszüge gegen das Vandalenreich.
Der Einfall der Barbaren hatte das Römische Reich erschüttert. Es wurde in eine weströmische und eine oströmische Hälfte aufgeteilt. In Nordafrika verlief die Trennlinie entlang der Grenze zwischen Tripolitanien und der Kyrenaika. Der weströmische Teil samt der Stadt Rom war den Barbaren anheimgefallen.
Justinian, Kaiser der Oströmer (später “Byzantiner”), entsandte 534 seinen berühmten Feldherrn Belisar nach Afrika, um dort die römische Herrschaft wieder herzustellen. Er bereitete den Vandalen den Untergang.
Karthago wurde wieder von den Römern kontrolliert, doch im Westen war bis auf Tingis (heute Tanger), Septa (heute Ceuta) und einen schmalen Küstenstreifen um Caesarea (Cherchell) Mauretanien für die Römer endgültig verlorengegangen.
Nach der Vertreibung der Vandalen war die römische Macht in Nordafrika wieder präsent. Doch die Macht der Byzantiner war längst nicht so gefestigt wie zu Zeiten der Alten Römer. In den umliegenden Gebieten Karthagos waren masirische Stämme eingebrochen, und der Tag schien absehbar, an dem die Masiren ihre Urheimat zur Gänze zurückerobern würden.


Fortsetzung: Die Ankunft der Araber

 
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RE: Geschichte der Imaziren

#2 von oumubenet , 02.02.2008 17:23

echt intressant ! gute idee mit dem posting

 
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RE: Geschichte der Imaziren

#3 von rayhana , 02.02.2008 17:40

Geschichte der Masiren
(Teil 3: Die Vertreibung der Muslime aus Spanien, “Reconquista”)
unveröffentlicht (Vorschau auf Taziri 3)


An der Nordgrenze des maurischen Reiches marschierten derweil christliche Heere auf. Die Christen sahen die Chance gekommen, den Mauren Spanien Stück für Stück zu entreißen. Zu jener Zeit begann die "Reconquista" - die "Rückeroberung" Spaniens durch katholische Fürsten. Im Jahr 1085 rückte Alfons VI. in Toledo ein. Der Schock für die Mauren war ungeheuerlich. Toledo, das blühende Zentrum des Islam in Mittelspanien, war an die Christen verloren!
Kuriere eilten zwischen den Residenzen der maurischen Fürsten hin und her, aber die Emire konnten sich nicht einigen. Da trafen sich führende Korangelehrte aus ganz Spanien in Cordoba und schlugen vor: Die Mauren müßten sich nach Marokko um Hilfe wenden, dort regiere ein mächtiger und glaubenstreuer Herrscher, er solle ihnen mit einem Heer zu Hilfe eilen. Dieser Herrscher aber war ein Masire. Er hatte vor Jahren im Süden Marokkos eine Dynastie gegründet, war mit seinem Heer nach Norden vorgedrungen und hatte sich nach siegreichen Kämpfen gegen Stammesfürsten zum Ziel gesetzt, das ganze westliche Nordafrika unter seine Herrschaft zu zwingen. Nun waren die Masiren im Jahre 1086 allein dazu aufgerufen nicht nur über den "Maghreb" zu herrschen, sondern auch "Al Andalus" für den Islam zu retten. Ein Masire wurde somit der einzig würdige Nachfolger der Kalifen von Cordaba sein. Damit mußte die arabische Vorherrschaft endgültig der von Masiren weichen.
Ein gewaltiges Heer folgte dem Hilferuf der Emire und näherte sich der nordafrikanischen Küste zwischen den Städten Tanger und Ceuta. In seinen Reihen ritten hellhäutige Masiren des Hohen Atlas in weiten Kapuzenmänteln, Masiren aus den Großstämmen der Zennata und Masmuda, aber sie waren nur die Hilfstruppen, von einem mächtigen Herrn zur Gefolgschaft gezwungen. Im Kern der Truppen zogen Kamelreiter in weiten Umhängen und großgewickelten Turbanen und schwarzen Gesichtsschleiern. Ihre Haut war dunkler als die der Masiren des Atlasgebirges und der Küstenebenen, sie waren Nomaden aus dem Herzen der Sahara, den Tuareg verwandt. Anders als die Stämme des Nordens benutzten sie für ihre Angriffe nicht Pferde, sondern Rennkamele. Ihr Stamm nannte sich "Lamtuna", die "Verschleierten". Sie gehörten zum Großstamm der Sanhadja-Masiren. Knapp drei Jahrzehnte war es her, daß sich ihre Stammesführer dem Feldherrn der "Verschleierten" gebeugt hatten, und dann war die Völkerlawine aus dem äußersten Süden der Sahara hervorgebrochen, hatte Marokko überschwemmt, hatte Stämme der Zennata und Masmuda unterworfen und auch diese zu Gefolgstruppen gemacht.
Ihr überragender Führer war seit dem Jahr 1061 Yusuf Ibn Tashufin, eine düstere, hoheitsvolle Gestalt, mit herrisch blitzenden Augen hinter seinem schwarzen Gesichtsschleier. Er hatte in der Mitte Marokkos eine Stadt gegründet, zum Zeichen, daß er nicht zu kurzfristigen Raubzügen aus der Wüste aufgebrochen sei, sondern auf Dauer im eroberten Land zu bleiben gedenke. Seine Residenz nannte er masirisch schlicht und einfach "Mraksch", "die Stadt", woraus später "Marrakesch" wurde. Von Marrakesch aus zog er mit seinen Kamelreitertrupps nach Norden und rückte bis Algerien vor. Im Mai des Jahres 1086 sein Heer nahe der nordmarokkanischen Hafenstadt Ceuta, die Reiter blickten erwartungsvoll hinüber zur spanischen Küste.
Begonnen hatte der kometenhafte Aufstieg der Sanhadja-Masiren südlich der Sahara, wo die Savannenlandschaft Schwarzafrikas begann. Dort endete die Herrschaft des Islam an den stets unruhigen Weidegebieten heidnischer Nomadenstämme, und dort waren eine Reihe stark befestigter Grenzburgen entstanden, sogenannte "Ribats", "Glaubensburgen". In den Ribats wohnten eine Reihe auserwählter Glaubenskriege, die ihr Leben dem "Heiligen Krieg" und der Religion geweiht hatten; meist lebten sie streng asketisch und kannten neben den täglichen Kampfübungen nur die Versammlung zum Gebet und der Koranlesung. Ein marokkanischer Einsiedler namens Abdallah Ibn Yasin errichtete mit seinen Gefolgsleuten ein Ribat auf einer Insel des Miger im Senegal. Er muß ein Mann von einer bemerkenswerten Ausstrahlung gewesen sein, denn er konnte innerhalb kurzer Zeit die verschiedensten Kaids ("Führer") der Sanhadja-Masiren auf sich aufmerksam machen. Ein Kaid nach dem anderen besuchte ihn in seinem spröden, spartanisch wirkenden Ribat und lauschte fasziniert den Predigten dieses Eiferers. Abdallah Ibn Yasin predigte den "Heiligen Krieg". Religion sei dazu da, um mit dem Schwert den "Ungläubigen" gebracht zu werden. Und als "ungläubig" galten auch die Muslime, die nicht streng genug die Gebote des Korans befolgten. Fanatisch führten die Kaids Krieg gegen heidnische Nomaden im Süden wie gegen muslimische Stämme im Norden. Ihr Heer hatte ständigen Zulauf immer neuer Anhänger. Dem Kaid der Lamtuna-Masiren gelang es schließlich, all diese Glaubenskrieger unter seiner Führung zu einigen. Er begründete den Orden der "Al Murabitun", "Männer der Glaubensburg". Ihr geistiger Führer wurde der Einsiedler Abdallah Ibn Yasin, ihr Feldherr aber der Kaid Ibn Tashufin. Später haben die Spanier aus dieser Bezeichnung "Almoravides" gemacht - und dies sollte der Name der ersten überragenden masirischen Dynastie werden.
Es war nicht einfach, zum engsten Kreis des Ordens zu gehören. Jeder, der in den Orden eintreten wollte, hatte sich auf seine Härte und seine Glaubensstärke prüfen zu lassen. Er mußte 100 Peitschenhiebe auf seinen nackten, bewegungslos hingehaltenen Rücken niederprasseln lassen und bekam so einen Vorgeschmack von der spartanischen Disziplin, die ihn erwartete. Schmerzen ertragen bis zum äußersten und gehorchen - dies waren die obersten Tugenden der "Al Murabitun".
Die Mauren sahen dem nahenden Heereszug der Masiren mit gemischten Gefühlen entgegen. Die Korangelehrten hatten lange überlegt, ob sie wirklich diese "Barbaren" aus der Sahara gegen die Christen zu Hilfe rufen sollten. Unter den arabischen Emiren wurden sogar Stimmen laut, die dem Leben unter einem christlichen König den Vorzug gaben. Am 30. Juni 1086 schließlich landeten die Masiren in Algeciras. Yusuf Ibn Tashufin übernahm das Kommano auch über die maurischen Truppen und rückte dem anrückenden Heer der Christen entgegen. Bei Sagrajas, nahe Badajoz, kam es zur Schlacht. 80.000 Reiter und 20.000 Fußsoldaten der Christen sollen in dieser Schlacht getötet worden sein. Yusuf Ibn Tashufin verfolgte den fliehenden König jedoch nicht, sondern kehrte nach Marokko zurück. Ihm genügte es vorerst, daß die maurischen Fürsten ihm und nicht mehr den Christen Tribut zahlten.
Im Jahr 1090 kehrte er nach Spanien zurück. Korangelehrte waren in sein Heerlager gekommen und hatten bittere Klagen gegen die Emire geführt: Diese Emire seien keine echten Muslime mehr, denn sie forderten von den Gläubigen überhöhte Steuern und lebten in unvorstellbarem Luxus. Tashufin erklärte voll Zorn den "Heiligen Krieg" gegen die Glaubensbrüder. Er besetzte Granda, Malaga und zog in Sevilla einl Dort ließ er die prachtvollen Paläste anzünden, die Basare plündern und die Beute auf hochbepackten Lastkamelen davontragen. Die Reiterscharen der Almoraviden drangen unentwegt in den Norden Spaniens vor, und bald hätten sie noch Toledo erreicht und zurückerobert. Da aber trat ihnen der spanische Adelige Rodrigo Diaz de Vivar entgegen und bot ihnen mit seinem starken Heer Widerstand. Er verschanzte sich nach siegreichen Schlachten in Valencia und machte die Stadt zu uneinnehmbaren Festung. Masiren und Araber nannten den Grafen wegen seiner unbeugsamen Tapferkeit anerkennend "El Seyid", "der Herr", woraus im Spanischen "El Cid" wurde. Spätere Generation von christlichen Spaniern haben diesen El Cid zu ihrem Nationalhelden gemacht.
Tashufin hatte sein Ziel trotz allem erreicht: Andalusien war für den Islam gerettet. Ibn Tashufin und seine Nachfolger verabscheuten den Luxus der früheren Emire und lebten streng spartanisch wie einfache Krieger. Sie schafften die hohen Steuern ab, die die Bürger bislang für die aufwendigen Palastbauten hatten aufbringen müssen, und verlangten nur noch den im Koran vorgeschriebenen Zehnten für die Armen.
Stolz und unnahbar ritten die Sanhadja-Krieger durch die Gassen der andalusischen Städte. Deutlich fühlten sie sich den "verweichlichten" Städtern überlegen. Ganz selbstverständlich gaben sie ihre Befehle in der Sprache des Sanhadja-Stammes. Tashufin sprach kein Arabisch, erst seine Nachfolger gingen dazu über, die Sprache der gebildeten Muslime zu lernen.
Doch die rauhen Nomaden taten sich schwer, Verständnis für die Bibliotheken, die wissenschaftlichen Institute und die verfeinerten Sitten aufzubringen. Ihnen erschien alles das verdächtig, was das Reich von Cordoba einst zum modernsten Kulturstaat der Welt gemacht hatte. Der Koran galt ihnen als das einzig lesenswerte Buch. Den einfachen Kriegern aus der Wüste mußte unverständlich bleiben, daß die Gelehrten einen Koranvers verschieden auslegen konnten. War im "heiligen Buch" nicht alles eindeutig gesagt? Wozu also Diskussionen über Wahrheiten, an denen es nichts zu rütteln gab? Die Emire aus dem Stamm der Sanhadja erließen bald strenge Gesetze, um den Islam vor "Irrlehren" zu bewahren. Auf den Marktplätzen der Städte flammten Scheiterhaufen auf. Stumm mußten die Korangelehrten mitansehen, wie ihnen wichtige Bücher zu Asche verbrannt. Jene Mauren fühlten sich traurig bestätigt, die stets vor den Männern aus der Wüste gewarnt hatten.
Aber schon standen die Männer bereit, das Maurenreich zu neuer Blüte zu führen. Wieder waren es Masiren, und dieses Mal kamen sie aus dem Atlasgebirge. Sie begründeten die zweite bedeutende masirische Dynastie und nannten sich "Al Muhawidun", "Bekenner der Göttlichen Einheit". Im Spanischen wurde daraus "Almohades". Der Begründer dieser Dynastie hieß Mohammed Ibn Tumert. Er hatte mehr von der Welt gesehen als Yusuf Ibn Tashufin. Er, einer der Kaids aus dem Großstamm der Masmuda-Masiren, hatte eine Pilgerreise nach Mekka angetreten und dabei die damals wichtigsten Städte des Vorderen Orients kennengelernt: Kairo, Damaskus, Bagdad. Ibn Tumert sprach fließend arabisch und konnte so mühelos mit den gebildeten Muslimen in den Städten diskutieren. Jahrelang blieb er in diesen glanzvollen Metropolen, denen das christliche Europa jener Zeit nichts Vergleichbares entgegenzusetzen hatte. Er hörte an den Universitäten die bedeutendsten Theologen des Islam sprechen.
Erfüllt von neuen Ideen kehrte er um 1107 in die marokkanische Heimat zurück und fing unter den Masiren seines Großstammes zu predigen an. Leidenschaftlich verdammte er die Almoraviden in ihrer geistigen Enge, ja er beschuldigte sie, keine echten Muslime zu sein. Ibn Tumert gelang es, etlichen Kaids der rauhen Masmuda-Masiren das verfeinerte Denken islamischer Großstadtkoranschulen nahezubringen.
Die Stammburg der Almohaden stand in Tinmal, einem stark befestigten Wehrdorf des westlichen Hohen Atlas. Während die primitiven Wandernomaden der Sanhadja aus der Wüste kamen, waren die Masmuda seßhafte Bauern. Solche Gegensätze ließen sich nicht überbrücken. Nie hatten die Stämme friedlich miteinander leben können.
Ibn Tumert starb 1130. Sein Nachfolger wurde Abd al-Mumin. Er organisierte das Heer und erklärte den Mauren den Krieg. Im Jahr 1145 hatte Abd al-Mumin mit seinem Masirenheer ganz Marokko erobert, rückte nach Algerien vor und schlug bei Tlemcen die Armee der Almoraviden vernichtend. Wenig später landeten die Reitertruppen aus dem Atlasgebirge bei Gibraltar. Zuerst lernten die Mauren einen Heerführer mit dem Namen Al-Mansur "der Sieger" kennen, der mit seinen Truppen plündernd tief nach Andalusien eindrang und dann Gouverneur von Cordoba wurde. Jener Al-Mansur unterschied sich im Gebaren kaum von den Almoraviden bei ihrer Ankunft in Spanien. Herrisch und abweisend ritt er durch die Gassen seiner Residenz; sein Gesicht zeigte stets eine demonstrative Verachtung für die Stadt und ihre Bewohner. Ihm war dies alles zu luxuriös, zu verweichlicht, zu verdorben. Die Emire der Almoraviden hatten längst Gefallen gefunden an den Palästen mit ihren luxuriösen Kissenlagern, feinen Stoffen und den üppigen Mahlzeiten, die von hübschen Sklavinnen serviert wurden. Die einfachen Krieger hatten begonnen zu murren, sobald sie ihre Führer plötzlich in prunkvollen Gewändern vorbeireiten sahen und arabisch sprechen hörten. In ihren Augen waren die Kaids bereits zu halben "Mauren" geworden, die auch schon anfingen, den ungebildeten Masiren zu verachten. Damit erlitten die Almoraviden das Schicksal vieler einfacher Nomadenkrieger, die sich in einer hochentwickelten Kultur festgesetzt hatten: Sie verfielen den äußeren Reizen dieser Kultur und verloren die kriegerische Schärfe.
Die Soldaten von Al-Mansur hatten den Befehl, alle Musikinstrumente und kostbaren Möbel zu zerschlagen. Sie erschienen dem Eiferer überflüssig. Die Weinkrüge ließ er zu Hunderten auf der Straße auskippen, er selbst preschte mit seiner Leibgarde durch die Weinfelder und ritt die Reben nieder. Seine Glaubensmaxime hieß: Nur der sei gottgefällig, der so einfach und bedürfnislos lebe wie ein Bergbauer oder ein Nomade. Und wie Tashufin stand er der Gelehrsamkeit der Islamtheologen argwöhnisch gegenüber. Er ließ ganze Wagenladungen von wertvollen und teils unersetzlichen Büchern und Schriftrollen verbrennen. Damit war für die bedeutendste Bibliothek von Cordoba, die selbst den Sturm der Almoraviden überstanden hatte, auf einen Schlag dem Einfer eines einfältigen Barbaren zum Opfer gefallen. Daran zeigte sich, daß viele Masmuda-Masiren von den Predigten des Ibn Tumert nur oberflächlich berührt waren. Im Innersten waren sie einfache Stammeskrieger geblieben. Manche hervorragende Gelehrte resignierten und wanderten nach Kairo, Damaskus oder Bagdad aus.
Abd al-Mumin zeigte sich entsetzt über das Gebaren seiner Gouverneure. Er war vom Geiste Ibn Tumerts geprägt, er hatte eine tiefe Achtung vor den städtischen Bildungszentren und Universitäten, er wollte die Traditionen der glorreichen maurischen Kultur wiederbeleben. Doch Abd al-Mumin blieb nicht die Zeit, um selbst diesen Plan zu überwachen. Er mußte ständig Krieg führen - gegen die christlichen Könige im Norden Spaniens führen, gegen die letzten versprengten Heere der Almoraviden, gegen rebellische Fürsten der Mauren, gegen aufständische Masiren. 1147 endlich eroberte er Sevilla. 10 Jahre später unterwarf er die rebellischen Fürstentümer Granada und Almeria, 2 Jahre später rückte er siegreich über Algerien bis Tunesien vor. Er, der Masire, hatte im äußersten Westen der islamischen Welt ein Großreich errichtet wie noch kein Muslim vor ihm. Selbstbewußt ernannte er sich 1162, 3 Jahre vor seinem Tod, zum Kalifen.
Die Nachfolger Abd al-Mumins machten aus Sevilla ein Kulturzentrum, wie es seit den Omaijaden nicht mehr bestanden hatte. Die Regale der Bibliotheken füllten sich wieder, Gelehrte konnten wieder öffentlich über den Islam diskutieren. Bald ging es bei diesen Diskussionen annähernd so weltoffen zu wie einst an den Kalifenhöfen von Damaskus, Cordoba und gegenwärtig noch in Bagdad - nur daß dieses Mal ein masirischer Fürstüberzeugend die Kultur förderte.
Die Almohaden regierten von Sevilla aus. Die Stadt bedeutete für die damalige Zeit Stadtkultur in Vollendung und besaß deshalb für die Muslime in Spanien und Nordafrika magische Anziehungskraft. Auch aus dem benachbarten Frankenreich, in Italien und dem Deutschen Reich strömten Kaufleute, Gelehrte und Studenten in das maurische Spanien, und jetzt begannen die Christen staunend zu lernen.
Überall, wo die Almohaden herrschten, entstanden Moscheen, Koranschulen, Basare, Stadttore und öffentliche Bäder - nicht nur in Spanien, sondern auch in den Gebieten des heutigen Algerien, Tunesien und Marokko. Unter der masirischen Herrschaft der Almohaden erwachte Marokko endgültig aus seinem kulturellen Dämmerschlaf.
Die Almohaden hatten das mächtigste Masirenreich der Geschichte errichtet, politisch und kulturell eigenständig. Ihre Kalifen brauchten sich nicht mehr den arabischen Lehrmeistern unterlegen zu fühlen, im Gegenteil: Sie durften sich selbst als Lehrmeister empfinden.
Doch auch dieses Reich konnte nicht von Dauer sein. Auch die Masmuda-Masiren verfielen in die Fehler aller bisherigen Stämme aus dem Atlasgebirge und der Sahara - sie fühlten sich nicht in erster Linie als Muslime, ja nicht einmal als Masiren, sondern eben als Masmuda. Ein Masmuda galt mehr als ein Araber, Spanier oder gar als ein anderer Masire. Ein Masmuda durfte deshalb auch besondere Vorrechte beanspruchen. Auch die Almohaden versäumten die Chance, die völkerverbindende Idee des Islam uneingeschränkt zu verwirklichen. Stets lauerten die unterdrückten Stämme darauf, im günstigsten Augenblick das Joch ihrer Sieger abzuschütteln und selbst nicht minder stolz über die bisherigen Herren zu regieren.
In Südalgerien wurden die Beni Merin aus dem Großstamm der Zennata rebellisch. Sie zogen über Marokko in Richtung Andalusien und lieferten den Masmuda erbitterten Schlachten. Natürlich war das ein "Heiliger Krieg" gegen die Herrscher, die ihre Glaubenspflichten vernachlässigten, wie das so gerne in der Sprachregelung der damaligen Zeit hieß.
Den Todesstoß aber führten die Christen Nordspaniens. Dort hatten sich die Könige von Leon, Kastillien und Navarra verbündet, um die zerstrittenen Muslime ein für allemal von der Iberischen Halbinsel zu vertreiben. Truppen aus Frankreich und dem Deutschen Reich schlossen sich ihnen an. Ein frischer Kampfgeist hatte die Christen erfaßt, seit Papst Innozenz III. im Jahre 1212 zum Kreuzzug gegen die Mauren aufgerufen hatte. Am 20. Juni 1212 brach von Toledo aus eine gewaltige Armee der vereinigten christlichen Heere nach Süden auf. Nördlich des andalusischen Dorfes Las Navas de Tolosa stießen die Truppen auf die masirische Armee des Kalifen Mohammed en-Nasir. Es war der 16. Juli 1212 - das Datum einer welthistorischen Wende. Das Ende der Almohaden kam rasch. Von den anderen Masirenstämmen durften sie keine Hilfe erwarten, im Gegenteil, nun drohte ein Krieg Muslime gegen Muslime; Masiren gegen Masiren. Die Beni Merin drangen in Marokko weiter nach Norden vor und schlug das Heer der Masmuda-Masiren im Jahre 1216 vernichtend. Unaufhaltsam löste sich das Recih der Almohaden auf.
Die siegreichen Beni Merin begründeten in Marokko eine eigene Dynastie, die der Meriniden. Zu ihrer Hauptstadt machten sie Fès und regierten mehr als zwei Jahrhunderte lang von Tanger bis tief in die Sahara hinein. Sie blieben nicht die einzigen Masiren, die auf den Trümmern des Almohadenreiches einen eigenen Staat errichteten. Die Abd el-Wadiden, Zennata-Masiren wie die Meriniden, riefen in Tlemcen ihr Reich aus und beherrschten von dort aus weite Gebiete des Atlasgebirges und der Sahara. In Tunis rissen die Hafsiden, Masmuda-Masiren wie die Almohaden, die Macht an sich. Damit war das gigantische Almohadenreich in drei selbständige Staaten zerfallen - masirische Staaten, die ständig Krieg miteinander führten. Nie wieder sollten diese zerstrittene Staaten des "Maghreb" zueinanderfinden. Damals bildeten sich ungefähr jene Grenzen heraus, die uns mit nur unwesentlichen Änderungen heute vertraut sind: Aus dem Herrschaftsgebiet der Meriniden bildete sich das Königreich Marokko, aus dem der Abd el-Wadiden Algerien, aus dem der Hafsiden Tunesien.
In Spanien konnte nichts mehr den Siegeszug der Christenarmee aufhalten. 1236 eroberte sie unter Ferdinand III. von Kastilien die Stadt Cordoba. 1248 fiel Sevilla. Die Mauren verloren ihre wichtigsten Fürstentümer in Spanien - bis auf eines: Granada. Der dortige Emir Ibn Amar war klug genug gewesen, nicht gegen die übermächtigen Kastilier Krieg zu führen, vielmehr ritt er kurz entschlossen in das Heerlager König Ferdinands und stellte sich unter seinen "Schutz". Von nun an mußte Granada hohen Tribut an Kastilien bezahlen, aber es konnte hoffen, daß nun keine christlichen Eroberer die Grenzen überschritten. Solange die Könige von Kastilien und Aragon untereinander Krieg führten, konnte sich dieses letzte maurische Fürstentum auf spanischem Boden ohnehin sicher fühlen, außerdem war es durch den Gebirgszug der Sierra Nevada und stark befestigte Burgen an den Hängen der engen Täler gegen Westen abgeriegelt. Das Reich von Granada war von beachtlicher Größe, das sich immerhin im Osten bis Almeria, im Norden bis Jaen und im Südwesten bis zur Meerenge von Gibraltar dehnte. Granada hatte sich durch eine Unzahl maurischer Flüchtlinge sprunghaft vergrößert. Fähige Männer, Handwerker, Kaufleute, Künstler und Gelehrte strömten in das Land. Schulen, öffentliche Bibliotheken, eine Universität, Thermalbäder, Basarstraßen, Paläste - all das besaß das aufstrebende Granada während des 14. und 15. Jahrhunderts; nirgends im christlichen Spanien ließ sich Vergleichbares finden. Araber, die als Besucher aus dem Osten der islamischen Welt kamen, priesen Granada als "Juwel", der mehr "funkelt" als die Residenzen von Fès, Marrakesch und Tlemcen, vergleichbar nur mit Damaskus und Kairo. Unter den Emiren Yusuf I. (1333-1353) und Mohammed V. (1353-1391) enstand dann jener Bau, der sich als unübertroffener Höhepunkt maurischer Kultur ein für allemal im Bewußtsein der Menschheit festsetzen sollte: die Alhambra. Die Bauherren dieses einzigartigen Palastes waren Emire von der Dynastie der Nasriden. Sie leiteten ihre Abstammung von einem uralten arabischen Geschlecht her. Doch was sagt das schon in einem Land, in dem es seit Jahrhunderten nur eine dünne arabische Oberschicht gegeben hatte. Die Masse des Volkes bestand seit jeher aus Masiren; Masiren stellten einen Großteil der Bauern, Krieger und Kaufleute; Masirinnen bevölkerten überwiegend die Harems arabischer Fürsten und gebaren ihnen die Prinzen. Die meisten maurischen Fürstengeschlechter wie die Omaijaden waren nur noch in ihrer Sprache "arabisch" gewesen sein, kaum aber floß mehr arabisches Blut in ihren Adern, so vehement sie das auch behaupten mochten.
1469 begann für die Muslime eine verhängnisvolle Zeit: Isabella, die Thronerbin von Aragon, und Ferdinand, der Thronerbe von Aragon, heirateten und vereinigten 1479 ihre Länder zu einem Königreich. Jetzt fühlten sich die Christen stark genug, die letzte Bastion des Islam zu erobern. Vergeblich sandte der Emir Abu Abdallah Hilferufe an die masirischen Fürsten in Nordafrika, denn jene waren in Stammeskriege untereinander verwickelt. Gegen die Übermacht der Spanier war der hilflos. Nach elf Jahren Krieg lagerten im Winter 1491 vor Granada 80.000 Mann. Am 2. Januar 1492 ergab sich die Stadt. Das war das Ende der Mauren in Spanien.
Im Jahr 1499 wurden auf dem Marktplatz von Granada Scheiterhaufen errichtet, und dann nahten Dutzende von Karren, vollbeladen mit Büchern und Schriftrollen aus maurischen Bibliotheken. Tagelang brannte das Feuer, in das spanische Soldaten unermüdlich die Werke islamischer Theologie, Philosophie, Geschichte und Naturwissenschaften von höchstem Wert kippten. Der spanische Großinquisitor Kardinal Jiménez des Cisneros hatte persönlich den Befehl dazu gegeben, denn seiner Ansicht nach war das Arabische "die Sprache einer ketzerischen und verachtenswerten Rasse".
In ohnmächtigem Zorn mußten die Muslime mitansehen, ihre Kultur "hinrichteten". Ihnen war nach dem Fall Granadas durch Vertrag zugesichert worden, sie könnten unter dem christlichen König so frei leben wie einst die Christen unter islamischen Fürsten, und nur deshalb hatten sie sich damals nach kurzem Kampf den Siegern ergeben. Und Jiménez befahl noch Schlimmeres: Jeder Muslim müsse gezwungen werden, zum Christenzum überzutreten, außerdem sei künftig das Arabische als Umgangssprache verboten. Die Mauren rebellierten, und Jiménez schlug erbarmungslos zurück. Unzählige Muslime wurden hingerichtet, Moscheen gingen in Flammen auf. Jiménez setzte den Muslimen eine Frist: Falls sie sich nicht zu Christus bekennen wollten, hätten sie binnen 10 Wochen Spanien für immer zu verlassen, ihr Eigentum falle aber der Kirche zu.
Selten hatten Muslime derart zu besiegten Christen gesprochen, galt ihnen doch Jesus als der zweitwichtigste islamische Prophet nach Mohammed. Christen kannten solche Bedenken nicht, für sie blieb Mohammed ein "finsterer Heide", ja der "Antichrist" schlechthin, also müßte ihrer Ansicht nach der fremde Glauben von der Wurzel her ausgerottet werden.
Die Mauren wollten sich dem Befehl nicht beugen. Hunderte von Männern und Frauen mit ihren Kindern verschanzten sich in der Moschee von Granada und stimmten demonstrativ immer wieder das islamische Glaubensbekenntnis an, das in aller Welt auf arabisch gesprochen wird: "La ilaha illa-llah wa Mohammmadun rasulullah", "Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet!" Die Spanier ließen an allen vier Ecken der Moschee Pulverladungen explodieren, so daß das Gotteshaus zusammenbrach und die Muslime unter sich begrub. Auf diese Weise machten die Spanier den Sprechchören ein Ende. In den nächsten Wochen verließen Hunderttausende von Muslimen Andalusien und zogen nach Nordafrika, ihnen folgten in den kommenden Jahrzehnten unzählige weitere Gläubige nach, die vorerst gehofft hatten, der Fanatismus der Christen würde sich bald wieder legen. Insgesamt wanderten bis zum Jahr 1530 etwa 3 Millionen Muslime aus dem ehemaligen Maurenreich Granada aus und ließen sich meist in Fès, Rabat, Marrakesch, Tlemcen und in Tunis nieder. Unter ihnen waren zahlreiche Gelehrte, Künstler, brillante Handwerker und Verwaltungsbeamte - Männer von einem Können, wie es sie zu dieser Zeit nirgends sonst in Spanien gab.
Für die Christen Spaniens war die Vertreibung der Mauren eine Katastrophe. Kein Christ konnte derart hervorragendes Kunsthandwerk schaffen, so präzise Bewässerungskanäle anlegen, so exakt wissenschaftliche Studien betreiben wie die vielgeschmähten Mauren. Die ehemals fruchtbaren Ackerböden Spaniens verwandelten sich unter der glutheißen Sonne Andalusiens zu trostloser Steppe, die Städte verarmten, die Universitäten verödeten. Spanien hörte damit auf, eine führende Kulturnation Europas zu sein

 
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RE: Geschichte der Imaziren

#4 von rayhana , 02.02.2008 17:42

echt intressant ! gute idee mit dem posting


danke oumubenet.

 
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RE: Geschichte der Imaziren

#5 von sana2010 , 29.01.2009 18:02

atghadaschm autschma rayhana


die idee finde ich gut ,
nicht jeder kannt der Geschichte von imaziren aus

http://de.youtube.com/watch?v=icrZOredpmM&feature=related

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RE: Geschichte der Imaziren

#6 von Nassira , 18.04.2009 12:36

Ich finde die Idee sehr gut ich kannte die Geschichte auch nicht
Danke

 
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RE: Geschichte der Imaziren

#7 von fufu , 04.10.2009 19:16

Schade, dass so ein bedeutendes Thema seit Monaten verkümmert und sich niemand für die Geschichte der "Imazighen" interessiert. "Unsere" Landsleute wissen sooooo wenig über ihre Herkunft.

 
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RE: Geschichte der Imaziren

#8 von eltouria , 22.06.2011 18:54

einmal hochschubs ...

 
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RE: Geschichte der Imaziren

#9 von arifinu , 22.06.2011 20:41

Das wollte ich schon immer lesen :-) für mich ist es aber anstrengend am Rechner zu lesen...werde mir inshallah das Buch besorgen. Danke für das Posting!!!

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